Boys of Summer bringen den Frühling

Es ist ja nachvollziehbar, dass Baseball in Europa nicht besonders beliebt ist. Schließlich gibt es kaum Berührungspunkte mit dem Sport, der - das sei an dieser Stelle pflichtschuldig angemerkt - eine wirklich interessante und faszinierende Mischung aus Taktik, Technik, Werfen, Schlagen, Fangen und Rennen ist. Ebenso pflichtschuldig sei angemerkt, dass selbst wenn man von den Regeln so gar nichts versteht, ein Besuch eines Baseball-Spiels während einer Urlaubsreise ein ganz und gar großartiger Weg ist, etwas über die Amerikaner zu erfahren und mit den Amerikanern zu erleben. Die "Boys of Summer", wie Baseballspieler in Anlehnung an nostalgisch erinnerte Zeiten genannt werden, gehören zum Sommeralltag der Amerikaner einfach dazu, besonders dann, wenn Football und Basketball Pause haben.

Die Saison beginnt jedes Jahr im April und hält für jede Mannschaft unfassbare 160 Spiele bereit. Fast jeden Tag eins, bis Oktober. Viele US-Metropolen sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, nagelneue Baseball-Stadien mitten in Downtown anzusiedeln, um mit diesem Schachzug die Innenstädte zu beleben. Diese Baseball-Stadien sind nicht nur schick, sondern auch auf modernen Sportkonsum ausgerichtet; soll heißen, es geht darin viel um die "Fan Experience", um bequemes Sitzen, Merchandise kaufen und Show genießen.

Baseballspieler in den USA sind Superstars. Sie verdienen Summen jenseits der Vorstellungskraft, fliegen in Privatjets und daten Models und Schauspielerinnen. Mit Breitensport oder der sprichwörtlichen Little League hat das so viel zu tun wie die Laienspielgruppe des Seniorenheims in Bottrop mit Steven Spielberg.

Im Frühjahr ist das anders. 15 Teams aus der Major League beziehen dann ihr Frühjahrs-Trainingslager in Florida, die anderen 15 gehen nach Arizona. Unter der Sonne üben sie da Taktik, geben ihren Armen den nötigen Schwung zurück, verlieren ein paar Winterpfunde und vor allem beginnen sie damit, gegeneinander zu spielen, jeden Tag. Diese Testspiele, ebenso wie die Trainingseinheiten, finden in kleinen, familiären Stadien statt, die sich ganz bewusst den Fans öffnen. Hier kann man als ganz normaler Sportsfreund über den Zaun lehnen, sich einen Ball von einem dieser Superstars signieren lassen und sogar das eine oder andere Wort mit einem Spieler wechseln, der zu den ganz großen Namen dieser Sportart gehört. Und das Beste daran ist, dass die Spieler diese Gelegenheit gern wahrnehmen, dass es eben keine Pflichtübung ist.

Baseball ist groß, es ist voll amerikanisch und es ist an Professionalität sicher weiter als zum Beispiel die Bundesliga. Am Spring Training aber können sich viele Profiligen ein Beispiel nehmen, denn das was hier beiderseitig an Liebe zum Spiel dargeboten wird, das lässt sich nicht erzwingen.

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